musicadia II: Counterpart – An Wasserflüssen mit Terry Wey
Terry Wey stand im Jahr 2013 gemeinsam mit seinem Countertenor-Kollegen Philippe Jaroussky in der Aufführung der Barockoper „Niobe“ (A. Steffani) auf der Bühne des Sendesaals, jetzt kehrt er erstmals dorthin zurück. Dieses Mal tritt er mit den „Sirius Viols“ auf, dem Ensemble der Bremer HfK-Professorin und weltweit bekannten Gambistin Hille Perl.
Werke von John Taverner (16. Jhdt. und 20. Jhdt.), Joh. Chr. Bach, William Byrd u.a.
Eine Veranstaltung von Radio Bremen in Kooperation mit dem Sendesaal Bremen
Terry Wey, Countertenor
Ensemble Sirius Viols (Leitung: Hille Perl)
The Sirius Viols
Hille Perl – Viola da Gamba
Julia Vetö – Viola da Gamba
Juliane Laake – Viola da Gamba
Marthe Perl – Viola da Gamba
Oksana Vasilkova – Viola da Gamba
Michael Freimuth – Lauteninstrumente
Ilya Kulikov – Orgel
Das Werk NIPSON des 2013 verstorbenen großartigen Komponisten John Tavener, welches dieses Programm gleichsam umschließt, ist in derselben Besetzung gehalten wie das Werk des fast gleichnamigen Komponisten aus dem 16. Jahrhundert. Das Werk basiert auf einen byzantinischen Palindrom (ein Wort, das rückwärts gelesen dasselbe Wort ergibt), welches einen Brunnen in Konstantinopel ziert und dessen buchstäblicher Inhalt sich auf die Reinwaschung von Sünden und die Glorie Gottes bezieht.
Wasser ist das zentrale Thema dieses Programmes: als Lebenselixier, als Ausdruck des immerwährende Flusses der Zeit, als Symbol für Tränen und Klagen und auch als Ausdruck der Sehnsucht nach Gott – gleich wie es den Hirschen nach frischem Wasser dürstet.
Die Instrumentierung von fünf Gamben mit Gesang erfreute sich im 16. Jahrhundert in Britannien großer Beliebtheit: die Consort Songs von William Byrd zählen hier zu den kunstfertigsten ihrer Zeit. Die Elegie ‚Ye sacred Muses‘ schrieb Byrd anlässlich des Todes seines Lehrers und Freundes Thomas Tallis, sie endet mit den Worten „Tallis is dead and Music dies“ – ein Ausdruck unendlicher Trauer, wenngleich die Musik glücklicherweise nicht mit Tallis gestorben ist, sondern noch heute klingen kann. ‚Have mercy upon me o god‘ nach Psalm 51 bezieht sich wieder auf die Reinwaschung von Sünden und ist somit thematisch eng an NIPSON angelehnt.
Die Werke von Franz Tunder und Johann Christian Bach bilden einen stilistischen Kontrapunkt zu den englischen Werken. Sie zeugen von der Stimmung, die im nördlichen Mitteleuropa in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts vorherrschend war. Von Pest und Krieg zerrüttete Landschaften, große Unsicherheiten und stetige Todesnähe beeinflussen die Stimmung der beiden Werke ‚Ach, dass ich Wassers genug hätte in meinem Haupte‘ und „An Wasserflüssen Babylon saßen wir und weinten“.
Programm: An Wasserflüssen
John Tavener (1944-2013) NIPSON I.
William Byrd (1543-1623) Ye sacred Muses (ist.)
Franz Tunder (1614-1667) An Wasserflüssen Babylon
John Corperario (1570-1626) Io piango (instr.)
John Taverner (1490-1545) Quemadmodum
William Byrd (1543-1623) Have Mercy upon me o God
Joh. Chr. Bach (1642-1703) Ach, dass ich Wassers genug hätte
Orlando Gibbons (1583-1625) In Nomine a 5
John Tavener (1944-2013) NIPSON II.
Terry Wey, für Fono Forum einer der Besten seines Faches, ist ständiger Gast der wichtigsten Barock-Festivals und arbeitet regelmäßig mit den bedeutendsten Dirigenten dieses Repertoires zusammen. Die Konzertsaison 2019/20 eröffnet er mit einer Countertenor-Gala an der Philharmonie Köln mit dem Freiburger Barockorchester, es folgen Auftritte beim Musikfest Bremen, der Bachstiftung St. Gallen, Solo- und Duo-Abende mit dem Kammerorchester Basel und bei den Händelfestspielen Karlsruhe, sowie eine Tournee mit Bachs Johannespassion, für die er erstmals mit Jordi Savall arbeiten wird. In der Oper gibt Terry Wey seine Debüts an der Deutschen Oper Berlin in der Uraufführung von Chaya Czernowins Heart Chamber, sowie am Theater St. Gallen, wo er im März 2020 seinen ersten szenischen Giulio Cesare singen wird. Mit einer Wiederaufnahme von Händels Semele kehrt er auch auf die Bühne der Komischen Oper Berlin zurück. Mit Cinquecento ist Terry Wey u.a. im Concertgebouw Brügge und bei der Fundación Juan March in Madrid zu Gast.
Terry Wey entstammt einer Schweizerisch-Amerikanischen Musikerfamilie und erhielt seine Gesangsausbildung als Solist der Wiener Sängerknaben bei Silvija V. Purchar sowie später bei Kurt Equiluz und Christine Schwarz an der Konservatorium Wien Privatuniversität, an welcher er auch Klavier-Konzertfach studierte. Über erste Auftritte mit dem Clemencic Consort fand der junge Preisträger mehrerer Wettbewerbe (u.a. MIGROS-Genossenschaftsbund Zürich, Kärntner-Sparkasse Wörthersee Musikstipendium) rasch Anschluss an die internationale Konzert- und Opernszene. Unter Dirigenten wie William Christie, Thomas Hengelbrock, Marc Minkowski, Konrad Junghänel oder Michael Hofstetter, mit Originalklangorchestern wie The English Concert, Les Arts Florissants, dem Freiburger Barockorchester oder Il Pomo d’Oro war er bei bedeutenden Festivals und Konzertsälen zu Gast, u.a. im Musikverein Wien, im Barbican Centre, in der Wigmore Hall London, im Concertgebouw Amsterdam, im Lincoln Center New York, in der Benaroya Hall Seattle, der Gulbenkian Foundation Lissabon oder in den Philharmonien Köln und Essen. Arien- und Liederabende führten ihn ans Festspielhaus Baden-Baden, ans KKL Luzern
und zur Styriarte Graz.
Auf der Bühne interpretierte der Countertenor so unterschiedliche Rollen wie Oberon (Britten: A Midsummer Night’s Dream), Rinaldo (Händel: Rinaldo), Ruggiero (Vivaldi: Orlando Furioso) oder Angel 1/The Boy (Benjamin: Written on Skin) an Häusern wie dem Teatro Real Madrid, dem Theater an der Wien, der Staatsoper Unter den Linden Berlin oder dem Théâtre des Champs-Elysées Paris, sowie bei den Händel-Festspielen in Halle, Karlsruhe und Göttingen. Dabei arbeitete er u.a. mit den Regisseuren Nicolas Brieger, Pier Luigi Pizzi, Pierre Audi, Luk Perceval, Balázs Kovalik und Floris Visser, aber auch mit freien Theatergruppen wie Nico and the Navigators oder Sasha Waltz & Guests. Bisherige Höhepunkte bildeten u.a. Jommellis „Betulia Liberata“ bei den Salzburger Pfingstfestspielen 2010 unter Riccardo Muti in der Felsenreitschule Salzburg, die Rolle des Arsamenes in Stefan Herheims gefeierter Inszenierung von Händels Xerxes an der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf (2013), sowie sein Debüt unter Nikolaus Harnoncourt in Purcells The Fairy Queen bei der Styriarte 2014. Im Sommer 2018 trat Terry Wey als erster Countertenor überhaupt bei den Bayreuther Festspielen auf, im Rahmen der Uraufführung der verschwundene hochzeiter von Klaus Lang.
Daneben führte seine Liebe zur Renaissancemusik zur Gründung des Vokalensembles Cinquecento sowie zu Auftritten mit führenden Ensembles wie dem Huelgas Ensemble, Gesualdo Consort Amsterdam oder Weser-Renaissance. Seine Diskografie umfasst neben zehn CDs von Cinquecento (hyperion) auch Gesamtaufnahmen von Steffanis Niobe (Erato), Albinonis Il Nascimento dell’Aurora (oehms classics), Händels Israel in Egypt (Carus) und Faramondo (Virgin classics), sowie zweimal Bachs H-Moll-Messe unter Marc Minkowski (naïve) und Václav Luks (Accent) und Pergolesis Stabat Mater mit dem Counter- Kollegen Valer Sabadus (oehms classics). Im Februar 2017 ist seine erste Solo-CD Pace e Guerra mit dem Bach Consort Wien unter Rubén Dubrovsky bei deutsche harmonia mundi erschienen.
Hille Perl
Musikerin, fing an sich im Alter von fünf Jahren auf die Viola da Gamba zu spezialisieren. Für Hille Perl ist Musik das vorrangige Medium der zwischenmenschlichen Kommunikation. Präziser, unmissverständlicher und intensiver als Sprachen, von größerer emotionaler Signifikanz als andere Erfahrungen, mit der Ausnahme von Liebe.
Musik ist für sie eine Methode nicht nur die Vergangenheit mit der Zukunft zu verbinden, sondern auch, sich widersprechende Aspekte menschlicher Existenz miteinander zu vereinen.
Sie hat viele Enden des Planeten bereist und dort Konzerte gespielt, mit verschiedenen Ensembles oder als Solistin und Duopartnerin des Lautenisten und Komponisten Lee Santana.
Wenn sie nicht auf Reisen ist, dann lebt sie in einem norddeutschen Bauernhaus, mit ihrer Familie und einigen Pferden, Hühnern, Katzen und Kaninchen.
Sie ist leidenschaftliche Professorin einer Gambenklasse an der Hochschule für Künste in Bremen. Dort lehrt sie ihre Studierenden alles, was sie über Musik, das Gambenspiel und die Kunst weiß, nicht eifersüchtig zu sein, wenn jemand besser spielt als man selbst.
Eine Veranstaltung von Radio Bremen in Kooperation mit dem Sendesaal Bremen