Helge Lien-Knut Hem
Bezüge zu Wim Wenders und Ry Cooder sind rein zufällig. Und doch passt der Begriff „Cinematic Americana“ ganz vorzüglich. Wenn die beiden Norweger Helge Lien und Knut Hem zu Dobro und Klavier greifen, zeigen die beiden die verblüffenden Ähnlichkeiten zwischen zwei widersprüchlichen Welten auf: Der stillen Melancholie der Fjorde und der endlosen Einsamkeit der Canyons; der klirrenden Kälte des norwegischen Hinterlandes und der glühenden Freiheit der amerikanischen Highways.
Die seltenen Konzerte des Duos sind wie ein Besuch im Privatkino: Intim, aber mit Gefühlen für die ganz große Leinwand
Helge Lien – Piano
Knut Hem – Dobro, Weissenborn
Es sind genau 7644,27 km von Oslo nach Paris, Texas. Doch wenn Helge Lien und Knut Hem zu ihren Instrumenten greifen, fühlt es sich an wie ein Katzensprung. Mit einer einzigartigen Mischung aus Jazz und Bluegrass zeigen die beiden Ausnahmemusiker die verblüffenden Ähnlichkeiten und sich anziehenden Gegensätze zwischen zwei scheinbar widersprüchlichen Welten auf: Der stillen Melancholie der Fjorde und der endlosen Einsamkeit der Canyons; der klirrenden Kälte des norwegischen Hinterlandes und der glühenden Freiheit der amerikanischen Highways.
Bezüge zu Wim Wenders und Ry Cooder sind rein zufällig. Und doch passt der Begriff „Cinematic Americana“ hier ganz vorzüglich. Denn schon nach den ersten Takten stellen sich beim Hörer epische Bilder ein, evoziert die Musik ein Gefühl von Weite, von akustischen Kinoleinwänden für große Emotionen. Und das trotz der so minimalen Kombination aus Dobro und Klavier, von der man aufgrund ihrer spröden Schlichtheit eher intime Folk-Sessions auf der heimischen Veranda erwarten würde.
Eine maßgebliche Rolle für diesen Sound spielt zudem Knut Hem’s Weissenborn, eine in den 30er Jahren von dem in den USA lebenden Instrumentenbauer Hermann Weissenborn entwickelte Lapsteel-Guitar, deren hohler Hals ihr einen unvergleichlich brillanten Resonanzkörper verleiht. Nur wenige tausend Original-Weissenborns wurden gebaut, doch hält sich der Kult um die Gitarre bis heute und hat eine ganz eigene Fan-Gemeinde, spezialisierte Webseiten sowie eine neue Generation von leidenschaftlichen Herstellern hervorgerufen.
Als einer der weltweit führenden Spezialisten kitzelt Hem aus seiner Weissenborn alle Nuancen heraus, einschließlich glasklar flirrender Obertöne und sanft schnarrender Saiten. Dabei wird der ansonsten als Leader seines mitreißenden Trios agierende Lien augenscheinlich zum Begleiter degradiert. Doch trügt der Schein. Denn es sind gerade die Passagen, in denen das Klavier kurzzeitig die Führung übernimmt, beispielsweise in dem entrückten Mittelteil des epischen „Winterland“, in denen „Hummingbird“ seine filmischen Qualitäten gewinnt und wahrhaft abhebt. In diesen Augenblicken wird der transatlantisch-kulturelle Brückenschlag am offensichtlichsten.
Ist also Knut Hem der amerikanische Pol in diesem Duo und Helge Lien der Vertreter nordisch-norwegischer Kühle? Das wäre dann wohl doch zu einfach gedacht. Es mögen viele tausend Kilometer zwischen Oslo und Paris, Texas liegen. Doch zwischen die Interaktion dieser Musiker passt kein Blatt.