Radio-Mitschnitt: Detmolder Kammerorchester – „O Du lieber Augustin“
Vorankündigung:
Das Detmolder Kammerorchester unter der Leitung von Alfredo Perl hat auch in dieser Saison wieder sehr entdeckenswertes Repertoire im Gepäck
Das Konzert wird am Montag, den 12. Juli ab 20.04 Uhr im Rahmen des ARD-Radiofestivals auf allen Kulturwellen der ARD ausgestrahlt, also auch auf Bremen Zwei.
Detmolder Kammerorchester
Alfredo Perl – Leitung, Klavier
Sophie Klußmann – Sopran
Programm:
Wolfgang Amadeus Mozart: „Ch’io mi scordi di te?“ KV 505
Arnold Schönberg: Streichquartett Nr. 2 op. 10 in der Bearbeitung für Streichorchester
Wolfgang Amadeus Mozart: Konzert für Klavier und Orchester B-Dur KV 450
Sie gehören zu Stammgästen im Bremer Sendesaal: die jungen Musikerinnen und Musiker des Detmolder Kammerorchesters (DKO) mit ihrem Dirigenten Alfredo Perl. Nun können sich Musikfreunde erneut auf das DKO freuen: Das DKO bringt mit Arnold Schönbergs Streichquartett Nr. 2 op. 10 in der Bearbeitung für Streichorchester sowie Wolfgang Amadeus Mozarts Konzert für Klavier und Orchester B-Dur KV 450 erneut hörenswertes Repertoire in den Sendesaal. Mit dabei ist auch die Sopranistin Sophie Klußmann, die den Abend mit Mozarts Konzertarie Ch’io mi scordi di te?, Szene mit Rondo für Sopran, obligates Klavier und Orchester KV 505 einleiten wird. Solist am Klavier sowie Dirigent ist Alfredo Perl.
„Ch’io mi scordi di te?“ ist nicht nur einer der schönsten, sondern wohl auch einer der persönlichsten Beiträge Mozarts (1756–1791) zur Gattung der Solovokalwerke mit Orchesterbegleitung. Sicherlich nicht ohne Grund überschrieb er die Arie für die schöne, junge und talentierte Nancy Storace, die als eine der großen Primadonnen ihrer Zeit galt, mit der Widmung „für Mademoiselle Storace und mich“. „Ch’io mi scordi di te? Dass ich Dich vergessen sollte?“ – dies fragt nicht nur das „singende Ich“, sondern auch Mozart selbst. Die Antwort darauf liefert das zartfühlende Klaviersolo, das der Komponist in der Uraufführung selbst übernahm: Wie eine kosende Umarmung umschlingt es den vokalen Part. Für zwölf Takte schweigt das Orchester – selige Sekunden, in denen Klavier und Stimme sich einander voller Wärme und Zartheit begegnen. Eine kaum verhüllte Liebeserklärung in Klängen.
Ein Meilenstein im Schaffen von Arnold Schönberg (1874–1951) ist das Streichquartett Nr. 2 mit Sopranstimme aus den Jahren 1907/1908. Das Opus 10 – als Instrumentalwerk beginnend und als Vokalwerk endend – ist ein revolutionäres Werk des Übergangs, das auf dem Grat zwischen dem auf dem Titelblatt der Partitur noch angegebenen fis-Moll und der völligen Auflösung der Tonalität im Finale balanciert. Man denke an das Zitat „O du lieber Augustin“ im 2. Satz, nach dem dann tatsächlich in Bezug auf die alte, gewohnte Klangkultur „alles hin“ ist. Und auch die Worte der beiden im 3. und 4. Satz vertonten Gedichte von Stefan George sind Programm: „Ich fühle Luft von anderen Planeten. Ich löse mich in Tönen, kreisend, webend. Ich steige über Schluchten, ungeheuer“. Bei Schönberg sind es die Luft, die Töne, die Schluchten jenseits des tonalen Prinzips. Innerhalb von 30 Minuten erlebt der Hörer den Weg von der Spätromantik in die Moderne. Selten wurde ein musikgeschichtlich belangvoller Schritt so bewusst und deutlich vollzogen.
Auch das 1784 entstandene Klavierkonzert KV 450 in B-Dur von Wolfgang Amadeus Mozart verbindet Traditionelles und Neues miteinander und setzte neue Maßstäbe in der Musikgeschichte: Nicht nur, dass Mozart sich von der bis dato schlanken Instrumentierung verabschiedete und die aus Oboen und Hörnern bestehende Standardbesetzung der Bläser um Fagotte und im Finale um Flöten erweiterte; vielmehr werden diese Instrumente erstmals in einem seiner Klavierkonzerte nicht nur als koloristische Zutat eingesetzt, sondern als gleichberechtigte Partner ins thematische Geschehen einbezogen. Das Können des großen Tonkünstlers sowie seine Experimentierfreude und Lust an der Überfülle des Machbaren und an Grenzüberschreitungen verbinden sich zu einem spannungsgeladenen Wechselspiel zwischen Klavier und Orchester, bei dem der virtuose Klavierpart mit seinen brillanten Läufen und Arpeggien den Hörer in seinen Bann zieht.
Das Detmolder Kammerorchester (DKO) weckt seit nunmehr 66 Jahren durch mitreißende Musizierfreude die Begeisterung seiner Zuhörer. Mit vielseitigen Programmen und einem lebendigen Umgang mit der Konzerttradition entführt das 2015 mit dem begehrten ECHO-Klassik ausgezeichnete Ensemble an bekannte und weniger bekannte Orte der Musikwelt. Im Detmolder Kammerorchester musizieren Studierende und junge Absolventen der Hochschule für Musik Detmold. Hervorgegangen aus dem renommierten Kammerorchester Tibor Varga besteht das Detmolder Kammerorchester seit 1954, in der heutigen Trägerschaft eines eingetragenen Vereins seit 1989. Nach Christoph Poppen und Eckhard Fischer ist seit 2009 Alfredo Perl Künstlerischer Leiter des Ensembles. Ab der Saison 2022/2023 wird ein Wechsel in der künstlerischen Leitung stattfinden.
Mit einer Abonnementreihe im Konzerthaus Detmold hat sich das DKO regional einen hohen Bekanntheitsgrad erworben. Aber auch bei überregionalen Konzerten (u.a. Sendesaal Bremen, Universität der Künste Berlin, Philharmonie Köln und den Festivals classic con brio Osnabrück und Musica S. Paderborn) und im Rahmen der Städtepartnerschaften im In- und Ausland hat das Detmolder Kammerorchester als beachteter Botschafter der Musikstadt Detmold seine Vielfalt und Spielfreude unter Beweis gestellt. Konzertmitschnitte wurden u.a. vom Deutschlandradio Kultur und Radio Bremen gesendet.
Wichtiger Teil des DKO-Profils ist seit 2010 die Musikvermittlung. Hier begeistert das DKO unter Leitung von Guido Mürmann ein junges Publikum für klassische Musik. Mit den Musikvermittlungskonzerten ist das DKO in Grundschulen zu Gast und lädt in Kooperation mit den Programmen Kulturstrolche und KulturScouts die jungen Zuhörer in seinen Orchesterprobenraum ein. Seit der Saison 2017/18 hat das DKO in Kooperation mit der Westfalen Weser Energie GmbH Familienkonzerte ins Leben gerufen, die künftig in eigner Regie fortgesetzt werden und an unterschiedlichen Orten der Region Ostwestfalen-Lippe und Niedersachsen kurzweilige, kinder- und familienorientierte Gesprächskonzerte bieten.
Mit den Werkstattkonzerten hat das DKO seit 2014 eine zusätzliche Konzertreihe initiiert. Im Orchesterprobenraum präsentieren sich abseits des traditionellen Konzertrahmens die jungen Musiker des DKO mit Raritäten und Klassikern der Kammermusikliteratur. Als zusätzliche Programmbausteine werden z.B. Künstlergespräche oder literarische Beiträge (Lesungen) in das Konzertprogramm integriert.
Das Detmolder Kammerorchester hat mehrere CDs veröffentlicht, zuletzt die mit einem ECHO-Klassik preisgekrönte Aufnahme bei Musikproduktion Dabringhaus und Grimm (MDG) mit Gustav Mahlers Das Lied von der Erde in der Fassung für Kammerensemble von A. Schönberg und R. Riehn.
Die in Freiburg geborene Sopranistin Sophie Klußmann studierte an der Hochschule für Musik Detmold bei Thomas Quasthoff und absolvierte ihr Konzertexamen in Köln bei Klesie Kelly-Moog. Ihre stimmliche Weiterbildung erlangte sie in Meisterkursen bei Margreet Honig, Dunja Véjzovic und wird heute von Kammersängerin Brigitte Eisenfeld betreut. Die Opern- und Konzertsängerin ist Preisträgerin des Mozart-Wettbewerbes Würzburg und hat 2019 ihr Rollendebut als Rosalinde gegeben. Erste Opernerfahrungen sammelte Sophie Klußmann an der Komischen Oper Berlin mit Christian Jost’s Oper Angst 2008. 2009-2011 sang sie als Ensemblemitglied der Oper Halle führende Partien wie Pamina (Zauberföte), Cherubino (Le nozze di Figaro) und Nannetta (Falstaff). Im Rahmen der Händelfestspiele debütierte sie unter der Regie von Nico Hümpel und der musikalischen Leitung von Bernhard Forck als Dorinda in Orlando. Es folgten Partien als Franziska in der Arabischen Nacht von Christian Jost, der Rheintochter in Wagners Rheingold und Götterdämmerung, als junger Hirte im Tannhäuser und als Waldvogel im Siegfried. 2013 coverte Sophie Klußmann Anna Netrebko für Donna Anna bei den Baden Badener Osterfestspielen.
Ihre darstellerische Intensität verstärkte sich durch die enge Zusammenarbeit mit dem Schauspieler John Malkovich. An dessen Seite spielte sie über Jahre hinweg zwei Produktionen des Wiener Regisseurs Michael Sturminger mit Martin Haselböck und der Wiener Akademie auf internationalen Bühnen wie dem Ronacher Theater Wien, Chateau de Versailles Spectacles, New York City Center, Ann Arbor’s Power Center of Performing Arts USA, Opéra de Montréal Canada und dem Teatro del Bicentenario Léon Mexico. 2016 verkörperte sie die Rolle der Micaela (Carmen) in einer Produktion der Wuhan Jintao Concert Hall, China. 2019 eröffnete sie das österreichische Festival Bad Hall in der Rolle der Rosalinde (Fledermaus).
Ihre größten Erfolge feierte Sophie Klußmann als Konzertsängerin auf den Bühnen internationaler Konzertzentren. So sang sie wiederholt mit dem RSB unter der Leitung von Vladimir Jurowski und Marek Janowski in der Berliner Philharmonie und im Wiener Musikverein mit Martin Haselböck und der Wiener Akademie. Im Konzerthaus Berlin war sie während des MaerzMusik Festivals zu Gast, in der Tonhalle Zürich und dem Theatre de Châtelet Paris mit Michael Gielen, dem Palace of Arts wie dem Lisztsaal Budapest mit dem Budapest Festival Orchestra sowie Helmuth Rilling, mit welchem sie seit mehreren Jahren gemeinsam konzertiert. In der Notre Dame Paris sang sie mit Leonardo Garcia Alarcon und dem Orchestre de chambre de Paris, mit der Staatsphilharmonie Nürnberg und Marcus Bosch, in der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz mit Karl-Heinz Steffens und der Concert Hall of National Grand Theatre Beijing China mit dem Trompeter Reinhold Friedrich. In der Saison 19/20 sang Sophie Klußmann erstmals beim Musikfest Berlin.
Als Interpretin zeitgenössischer Musik präsentierte sie ein Luigi Nono-Programm mit Ingo Metzmacher und dem SWR im Gashouder Amsterdam. Ihre Interpretation der “Szenen aus einem Roman” von György Kurtág im Konzerthaus Berlin 2018 und Konzerte mit dem Ensemble musikFabrik mit Werken von György Ligeti und Karl-Heinz Stockhausen in der Tonhalle Düsseldorf und der Philharmonie Köln waren große Publikumserfolge.
Im Bereich der alten Musik sang sie mit Marcus Creed und der Akademie für alte Musik Händel’s Brockes Passion, die Matthäuspassion mit Václav Luks und dem Collegium 1704 sowie dem Orchester des 18.Jahrhunderts und Daniel Reuß im Muziekgebouw Amsterdam und der Vredenburg Utrecht.
Mit ebenso großer Leidenschaft widmet sich Sophie Klußmann dem Repertoire der Kammermusik. Regelmäßig tritt sie mit dem Berliner Scharoun Ensemble und den Pianisten Oliver Triendl und Bengt Forsberg auf und ist seit einigen Jahren zu Gast beim internationalen Kammermusikfestival Kuhmo in Finnland und dem Internationalen Festival in Kempten. Die Saison 17/18 führte Sophie mit einer Aufführung von Mozarts Konzertarien in die Hong Kong Concert Hall unter Umberto Benedetti Michelangeli.
Gemeinsam mit der herausragenden Akademie für Alte Musik Berlin und dem Vocalconsort Berlin nahm Sophie Klußmann unter der Leitung von Marcus Creed Händels Dixit Dominus bei HarmoniaMundi auf. Mit ihrem Pianisten Oliver Triendl erarbeitete sie 2015 die Ersteinspielung mit Werken des Zemlinsky-Schülers Karl Weigl bei Capriccio in Wien. Es folgten Ersteinspielungen mit Liedern von Conrad Ansorge in einer Produktion von Deutschlandradio Kultur Berlin 2016 sowie mit Liedern von Sandro Blumenthal in einer Produktion des Bayrischen Rundfunks 2017.
Sophie Klußmann lebt mit Ihrem Mann und ihrer Tochter in Berlin.
www.detmolder-kammerorchester.de
www.sophieklussmann.de