Datum & Uhrzeit

Datum 26. Oktober 2020
Beginn 20:00
Kasse 19:00

residenz at sendesaal: Sharon Kam: Mostly Hindemith

Die „Hindemith Phobie“ vieler Leute kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Seine Musik spricht zu meinem Herzen und fasziniert mich nach wie vor! sagt Sharon Kam, die international renommierte Klarinettistin und nimmt daher zentrale Werke der Kammermusik, die Hindemith für Klarinette geschrieben hat, gegenwärtig im Sendesaal als CD-Projekt auf. In diesem Produktionskonzert stellt sie das Programm live vor.

Die Reihe residenz@sendesaal wird freundlicherweise von der Heinz-Peter und Annelotte Koch-Stiftung unterstützt.

Achtung!: Aufgrund der aktuellen Corona-Bedingungen können Sie Ihre Karten erst ab einer halben Stunde vor Konzertbeginn abholen. Gehen Sie dann bitte direkt in den Saal und suchen sich einen der freigegebenen Plätze. Bitte keine unnötigen Wege.


Sharon Kam – Klarinette
Antje Weithaas – Violine
Julian Steckel – Violoncello

Enrico Pace – Klavier

Programm:
PAUL HINDEMITH
Sonate für Klarinette und Klavier (1939)
1. Mäßig bewegt
2. Lebhaft
3. Sehr langsam
4. Kleines Rondo, gemächlich

JOHANNES BRAHMS
Trio Nr.3 c-Moll für Klavier, Violine und Violoncello, op. 101 (1886)
1. Allegro energico
2. Presto assai
3. Andante grazioso
4. Finale. Allegro moltoPAUL HINDEMITHQuartett (1938) für Klarinette, Violine, Violoncello, Klavier
1. Mäßig bewegt
2. Sehr langsam
3. Mäßig bewegtSharon Kam schreibt zum Programm:
Meine persönliche Faszination mit Hindemith hat in früher Kindheit angefangen – als Tochter einer Bratschistin habe ich Hindemith und seine Liebe zu diesem Instrument entdeckt. Als ich selbst Klarinette einigermaßen spielen konnte, freute ich mich seine Stücke für mein Instrument der Reihe nach zu entdecken – die Sonate, das Konzert und das Quartett. Diese 3 Werke beschäftigen mich seit Anfang meiner Karriere und ich freue mich, bald alle zusammen auf einer CD herausbringen zu dürfen. Die „Hindemith Phobie“ vieler Leute kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Seine Musik spricht zu meinem Herzen und fasziniert mich nach wie vor!PAUL HINDEMITH
Sonate für Klarinette und Klavier (1939)
Die Klarinettensonate und das Klavierquartett stammen aus den Jahren des Überdenkens zwischen seiner Berliner und seiner amerikanischen Zeit. Hindemith nahm sich damals vor,  für alle Instrumente des Orchesters eine Sonate mit Klavierbegleitung zu komponieren. In der überlieferten Musik gab es zwar Sonaten für Streichinstrumente, aber kaum solche für Bläser mit Klavierbegleitung. Dem Mangel wollte Hindemith abhelfen. Alle diese Sonaten sind aus dem Melodieinstrument und seinen Möglichkeiten heraus erfunden. Die Klarinette kommt in ihrer besonderen Art der Virtuosität, den Farbnuancen ihrer verschiedenen Lagen, in ihren brillanten wie in ihren quasi singenden Fähigkeiten zur Geltung. Das Klavier ist ihr gleichwertiger Partner — mit allen Schattierungen zwischen Dialog und gespannter Auseinandersetzung. Der erste und der dritte, langsame Satz, sind in Zeitdauer und Gedankenfülle am weitsten ausgebaut. Der zweite wirkt dagegen wie eine kapriziöse Nachbemerkung zum ersten; den vierten gestaltete Hindemith als musikantischen Kehraus, der sich leise, mit dezentem Humor verabschiedet.JOHANNES BRAHMS
Trio Nr.3 c-Moll für Klavier, Violine und Violoncello, op. 101 (1886)
Komponiert in dem „Kammermusiksommer“ 1886 am Thuner See in der Schweiz, ist es dennoch eines seiner österreichischsten Werke, zugleich eines seiner radikalsten. Der knappste Allegro-Kopfsatz, den Brahms geschrieben hat, trifft hier auf das unschuldigste Andante – eine Explosion ungestümen Affekts, die vor schierer Motivkonzentration zu bersten droht, auf einen „Zwiefachen“ aus dem Alpenvorland.
Angesichts des ungarischen Finales setzte Brahms die Uraufführung des Trios vielleicht nicht zufällig in Budapest an. Dort hob er es am 20. Dezember 1886 mit zwei ausgesprochenen Virtuosen aus der Taufe: dem Geiger Jenö Hubay und dem Cellisten David Popper. Die beiden berühmten Solisten dürften über ihren eigenwilligen Part in diesem Trio nicht wenig gestaunt haben. Überhaupt blieb die Freude über das neue Werk unter den Musikern des Brahms-Kreises zunächst eher gedämpft. Geradezu Missfallen erregte es bei Tschaikowsky, mit dem Brahms im Januar 1888 im Leipziger Haus des Geigers Adolf Brodsky zusammentraf. Nachdem Brahms sein c-Moll-Trio gespielt hatte, steuerte der Abend auf eine peinliche Situation zu, da Tschaikowsky sich nun hätte äußern müssen, das Trio aber ganz und gar nicht mochte. Die plötzliche Ankunft von Edvard Grieg vereitelte den Zusammenstoß der beiden Genies und verwandelte die trübe Stimmung in einen ausgelassenen Abend. „Es wirkte eher wie ein Kinderfest als wie die Zusammenkunft großer Komponisten“, meinte die Ehefrau von Brodsky später.PAUL HINDEMITH
Quartett (1938)
Paul Hindemith, der Bürgerschreck der Zwanziger Jahre, tritt uns in seinem Klarinettenquartett von 1938 geläutert gegenüber. Das zwischen Kirchentonarten und Dur-Moll-Tonalität schwankende Werk wirkt wie ein elegischer Abgesang auf eine friedliche Epoche, die 1938 für jeden erkennbar zu,Ende ging. Hindemith erlebte dieses Jahr zur Hälfte in den USA, zur Hälfte in der Schweiz, wohin er endlich nach Jahren der Anfeindung durch das Nazi-Regime im Juni 1938 emigrierte. Das Quartett ist das unmittelbare Zeugnis der Emigration: begonnen im März in New York, fortgeführt im April in Hamburg, vollendet im Juni im schweizerischen Chandolin. Man mag aus der elegischen Stimmung Abschiedsgedanken herauslesen, aber auch ein klares stilistisches Bekenntnis. Im Mai 1938 erlebte Hindemith in Zürich die Uraufführung seiner Oper Mathis, der Maler. Bei deren archaischer, nirgends mehr provokanter Moderne setzt auch das Quartett an.

Sharon Kam
… gehört zu den weltweit führenden Klarinettistinnen und arbeitet mit den bedeutendsten Orchestern in den USA, Europa und Japan. Kam arbeitet mit Künstlern wie Lars Vogt, Christian Tetzlaff, Julian Steckel,
Enrico Pace, Antje Weithaas, Tanja Tetzlaff, Leif Ove Andsnes, und dem Jerusalem Quartet. Sie ist Gast bei
Festivals wie Schleswig-Holstein, Rheingau und der Schubertiade. Ihr Engagement für zeitgenössische Musik zeigt sich in Uraufführungen, u.a. K. Pendereckis Klarinettenkonzert und Quartett sowie Klarinettenkonzerte von Iván Erőd und Peter Ruzicka (Donaueschingen). Ihre Aufnahme „American
Classics“ mit dem London Symphony Orchestra unter der Leitung von Gregor Bühl wurde mit dem Preis der Deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet. Neulich erschienen bei Orfeo 2 neue CDs mit Kammermusik für Klarinette, Bratsche und Klavier und Klarinettenkonzerten von Weber, Crusell und
Kurpinski.
www.sharonkam.de

Antje Weithaas
Energiegeladen durchdringt Antje Weithaas mit ihrer zwingenden musikalischen Intelligenz und ihrer beispiellosen technischen Souveränität jedes Detail im Notentext. Ihr Charisma und ihre Bühnenpräsenz fesseln, ohne sich je vor das Werk zu drängen. Neben den großen Konzerten Mozarts, Beethovens und Schumanns und neuen Werken wie Jörg Widmanns Violinkonzert beinhaltet ihr weitgefächertes Konzertrepertoire auch Klassiker der Moderne wie Schostakowitsch, Prokofjew und Gubaidulina sowie selten gespielte Violinkonzerte wie die von Hartmann und Schoeck.

In der Spielzeit 2020/21 setzt Antje Weithaas erneut einen starken Akzent auf Beethovens Werke: Sein Violinkonzert spielt sie in Bremerhaven, Schwerin und mit der Badischen Staatskapelle Karlsruhe; beim Saisoneröffnungskonzert der Kammerakademie Potsdam und für ihr Debüt beim Taiwan Phiharmonic Orchestra leitet sie das Werk vom Solistenpult aus. Beethovens Tripelkonzert interpretiert sie mit Marie-Elisabeth Hecker und Martin Helmchen beim Orchestre Philharmonique de Monte Carlo und beim Philharmonia Orchestra London. Weitere Höhepunkte der Spielzeit sind Antje Weithaas‘ Auftritte mit dem Residentie Orkest Den Haag unter Jun Märkl und Antony Hermus (Dvořák und Mendelssohn), mit dem MDR Sinfonieorchester unter Karl-Heinz Steffens (Brahms), mit dem BBC Scottish Symphony Orchestra unter Anja Bihlmaier (Berg) und mit dem Jerusalem Symphony Orchestra unter Antony Hermus (Sibelius). Im Duo konzertiert sie weiterhin mit dem Cembalisten Mahan Esfahani.
2019 wurden zwei CDs veröffentlicht: eine Einspielung des Violinkonzerts von Robert Schumann und des Doppelkonzerts von Johannes Brahms mit der NDR Radiophilharmonie, dem Cellisten Maximilian Hornung und dem Dirigenten Andrew Manze sowie eine Aufnahme des Violinkonzerts und der Konzert-Rhapsodie von Khachaturian mit dem Staatsorchester Rheinische Philharmonie und dem Dirigenten Daniel Raiskin.

Julian Steckel
… wurde 1982 in Pirmasens geboren, gewann 2010 den ARD-Wettbewerb und konzertiert mit renommierten Orchestern wie dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, den Münchner Philharmonikern, dem Gewandhausorchester Leipzig, den Sankt Petersburger Philharmonikern, dem Royal Philharmonic Orchestra London, dem Rotterdam Philharmonic und vielen anderen.
Neben der solistischen Tätigkeit ist Julian Steckel zu Gast bei den Festivals von Heimbach Luzern, Mondsee, Lockenhaus, Zermatt, Jerusalem oder Prussia Cove und musiziert mit Lars Vogt, Alexander Lonquich, Paul Rivinius, Antje Weithaas, Christian Tetzlaff, Janine Jansen, Antoine Tamestit, Sharon Kam sowie den Quartetten Armida und Modigliani.
Nach langen Jahren bei Ulrich Voss und Gustav Rivinius studierte Julian Steckel bei Boris Pergamenschikow, Heinrich Schiff und Antje Weithaas, und ist mittlerweile selber Professor an der Hochschule für Musik und Theater München.

Enrico Pace
…. wurde in Rimini geboren. Er studierte bei Franco Scala, zunächst am Rossini-Konservatorium in Pesaro, später dann an der Accademia Pianistica Incontri col Maestro in Imola. Neben seiner Ausbildung am Klavier nahm er auch Unterricht in Dirigieren und Komposition. Der Klavierpädagoge Jacques De Tiège war ein wichtiger Mentor. Im Jahr 1989 gewann Enrico Pace den Ersten Preis beim Internationalen Franz-Liszt-Klavierwettbewerb in Utrecht. Seitdem gibt er zahlreiche Konzerte in Europa und gastiert regelmäßig in seiner italienischen Heimat und in den Niederlanden, so im Amsterdamer Concertgebouw, der Sala Verdi und dem Teatro alla Scala in Mailand, in Rom, Berlin, London (Wigmore Hall), Dublin, München, Salzburg, Prag, in Süd-Amerika und bei den Festivals La Roque-d’Anthéron, Verbier, Luzern, Rheingau, Schleswig-Holstein und Husum.
Enrico Pace musizierte unter der Leitung so namhafter Dirigenten wie Roberto Benzi, David Robertson, Andrey Boreyko, Mark Elder, Janos Fürst, Hans Graf, Eliahu Inbal, Lawrence Foster, Leonidas Kavakos, Carlo Rizzi, Jan Latham-Koenig, Vassily Sinaisky, Stanislav Skrowaczewski, Bruno Weil und Antoni Wit.

Neben seiner Arbeit mit Orchestern pflegt und liebt Enrico Pace auch die Kammermusik sehr. Er arbeitete u. a. mit den Keller-, RTE-Vanbrugh- und Prometeo-Quartetten zusammen sowie mit Liza Ferschtman, Daniel Müller-Schott, Sharon Kam, Akiko Suwanai, Antoine Tamestit, Sung-Won Yang, Marie-Luise Neunecker und Matthias Goerne. Pace ist regelmäßiger Gast bei Kammermusikfestivals wie Delft, Moritzburg, Risør, Kuhmo, Stavanger, Montreux, Stresa und West Cork.

Enrico Pace verbindet eine langfristige und regelmäßige Zusammenarbeit mit den Geigern Leonidas Kavakos und Frank Peter Zimmermann. Die Einspielung der gesamten Sonaten für Klavier und Violine von Beethoven mit Leonidas Kavakos erschien im Januar 2013 bei Decca Classics und wurde für einen Grammy Award nominiert.
2011 veröffentlichte das Label Piano Classics mit den Années de pèlerinage Suisse’ und ‘Italie’ von Franz Liszt seine erste und hochgelobte Solo-Aufnahme.